Warum du nach einem verschossenen Penalty jubeln musst

Nach einem verschossenen Penalty musst du die Arme in die Höhe strecken und jubeln!

Überrascht? Wenn ich das sage, dauert es meistens nicht lange, bis eine Reaktion kommt: „Das ist ja völlig daneben.“ Tatsächlich? Ich wüsste nicht, was daran daneben sein sollte. Abgesehen davon, dass der Gegner verwirrt und die Fans irritiert sein würden.

Natürlich kannst du auch sagen: „Man macht so etwas nicht.“ Warum nicht? Hast du es schon einmal versucht und nach einem Misserfolg eine Siegerpose eingenommen?

Ich gebe ja zu, dass das ein wenig schräg wirkt. Ich finde es aber auch nicht sehr erquickend, nach einem Misserfolg wie ein geschlagener Hund in der Weltgeschichte herumzulaufen. Obwohl ich das nach misslungenen Wettkämpfen auch selbst gemacht habe. Ausser Mitleid hat es mir nichts gebracht.

So eine Miesepeter-Stimmung kann sich verdammt negativ auf deine Leistung auswirken. Das wird vor allem dann zum Problem, wenn eine weitere Strecke bevorsteht oder du den nächsten Ball spielen musst.

Wäre es nicht besser, deine Stimmung so zu beeinflussen, dass sie deine Leistung fördert?

Eine Möglichkeit sind positive Selbstgespräche. Diese Variante hast du schon kennengelernt. Du kannst auch deinen Körper einsetzen.

Dein Körper denkt mit

Eine schlechte Stimmung oder Probleme beeinflussen deine Körperhaltung. Dir ist bestimmt schon aufgefallen, dass du nach einem Misserfolg in den Schultern zusammensackst oder nach einer Niederlage wie ein Nussgipfel in der Weltgeschichte herumläufst. Bist du traurig, dann weinst du und tränen laufen dir über die Wangen.

Eine schlechte psychische Verfassung beeinflusst deine Körperhaltung. Das leuchtet ein. Hast du aber gewusst, dass deine Körperhaltung auch deine Psyche und deine Stimmung beeinflusst?

Die Psychologen nennen das Embodiment.

Einen guten deutschen Begriff gibt es dafür nicht. Embodiment beschreibt die Wechselwirkung zwischen dem Körper und der Psyche.

Das kannst du selbst ausprobieren.

Neutrale Körperhaltung

Laufe drei Minuten in deiner gewohnten Körperhaltung und in deinem normalen Gang herum. Beobachte dich und deine Körperhaltung dabei ganz bewusst. Wie bewegst du dich (Arme, Beine, Kopf), wie trittst du auf dem Boden auf, wohin hast du deinen Blick gerichtet und wie sind deine Schultern etc.?

Verliererhaltung

Laufe drei Minuten wie ein Verlierer herum. Stell dir vor, du hast einen Wettkampf hinter dir, bei dem alles schiefgelaufen ist. Einen Wettkampf, der dich so richtig heruntergezogen hat. Geknickt, mit gesenktem Kopf und hängenden Schultern. Bewege dich langsam ohne Ziel und ohne Motivation. Wie ein schlaffer Sack.

Siegerhaltung

Laufe drei Minuten als Sieger herum. Nimm eine aufrechte Haltung ein und koste diesen Sieg richtig aus. Stolz, mit hocherhobenem Kopf, geschwellter Brust und den Armen nach oben ausgestreckt. In einer Siegerpose. Stell dir vor, du stehst auf dem Podest nach dem Olympiasieg.

Wechsle von der einen in die andere Körperhaltung. Verweile jeweils ein paar Minuten in der entsprechenden Körperhaltung. Beobachte, was mit deinem Körper und deiner Stimmung passiert. Was nimmst du wahr?

Weinst du jetzt, weil du traurig bist, oder bist du traurig, weil du weinst?

Dieser Zusammenhang ist nicht immer eindeutig. 😉

Voller Körpereinsatz

Mit gezieltem Körpereinsatz kannst du dein Umfeld beeindrucken und auch dich selbst!

Der kanadische Top-Schwimmer Santo Condorri machte aus einer Not eine Tugend. Als Kind wurde Santo wegen seiner Körpergrösse und seiner quietschenden Stimme Kobold genannt.

Von seinen grösseren Gegnern hat er sich immer beeindrucken lassen und fokussierte sich nicht mehr auf seinen Wettkampf. Das wirkte sich negativ auf seine Leistung aus. Sein Vater ordnete deshalb eine Veränderung an, damit sich Santo nicht mehr von seinen Gegnern einschüchtern lässt.

Die Gegner sollten ihm egal sein. Dafür entwickelten sie ein Ritual, das seinen vollen Körpereinsatz verlangt. Bevor er auf den Startblock steigt, zeigt er seinem Vater den Mittelfinger – dieser erwidert die Aktion mit derselben Geste! (Quelle: Blick)

Das ist ein sehr kraftvolles und aussergewöhnliches Ritual und Embodiment. Es zeigt dir sehr deutlich, was dahintersteckt. Mit einem passenden Embodiment respektive dem richtigen Körpereinsatz kannst du deine Stimmung in die gewünschte Richtung lenken.

Stolz wie Oskar

Im Tennis und im Fussball kannst du den Einfluss der Stimmung und der damit verbundenen Körperhaltung sehr gut beobachten. Spieler wie zum Beispiel Arjen Robben laufen immer stolz wie Oskar auf dem Platz herum. Selbst wenn die Leistung eher mässig ist.

Im Tennis passiert es oft, dass der Spieler nach einem verlorenen Satz auch das erste Spiel im nächsten Satz versiebt. Das siehst du bei Spielern, die das Misserfolgserlebnis nicht abhaken können. Dann sind sie nicht in der Lage, sich aus ihrer defensiven Stimmung zu befreien, was sich wiederum auf die Körperhaltung auswirkt. Sie stehen dann wie ein Nussgipfel auf dem Platz.

Wenn du in so einer Situation bewusst eine Siegerhaltung einnimmst und dich aufrichtest, kannst du damit schnell wieder eine positive Stimmung erzeugen.

Embodiment macht Mut

Mit einer aufrechten Körperhaltung machst du dir Mut. Und nicht nur das. Dein Körper ist ein Werkzeug, das dir immer zur Verfügung steht.In einer guten und positiven Stimmung geht vieles einfacher, du bleibst handlungsorientiert und damit auch leistungsfähig.

Deine Stimmung kannst du mit deinem Körper bzw. mit einem Embodiment positiv beeinflussen.

Darum solltest du nach einem verschossenen Penalty, einer schlechten Leistung oder einem verschlagenen Ball wieder eine aufrechte und motivierende Körperhaltung einnehmen. In einer guten Stimmung steigen deine Chancen für eine gute Leistung.

Dabei geht es nicht um eine theatralische Aktion, sondern viel mehr darum, dass du damit eine gewünschte Stimmung hervorrufen kannst. Alles andere ist für die Katz.

Überlege dir doch mal, wie du dich nach einem Misserfolg gerne fühlen möchtest, damit du leistungsfähig bleibst.

Beispielsweise wie ein Gepard. Bis in die letzte Muskelfaser gespannt, das Ziel vor Augen und bereit, jetzt alle Energie zu bündeln und rauszuhauen.

Du findest bestimmt noch andere Beispiele, die noch besser zu dir passen.

Fazit

Deine Psyche beeinflusst deine Stimmung, die sich durch deinen Körper Ausdruck verleiht. Dieser zeigt, wie es in deinem Inneren ausschaut. Und …

Du kannst deinen Körper gezielt nutzen, damit du das fühlen kannst, was du willst. Mit dieser Strategie kommst du wieder in deine gewünschte Stimmung und wieder zurück ins Spiel.

Deshalb darfst du nach einem verschossenen Penalty jubeln. 😉

Wie setzt du deinen Körper ein, wenn es im Wettkampf nicht so rund läuft?

Ich freue mich, wenn du mir deine Strategie als Kommentar hinterlässt.

Nutze deine Möglichkeiten!

Martin

PS: Ich bin übrigens der Meinung, dass mit dem Unbewussten im Boot alles ein wenig einfacher geht.

 

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