Warum du Misserfolge und Fehler im Wettkampf einfach vergessen kannst

„Scheisse! Ich habe es schon wieder versiebt.“

Dabei hast du dich ganz fest konzentriert und den Fokus nur auf diese eine Aufgabe in deinem Wettkampf gelegt. Du wolltest diesen Fehler unbedingt vermeiden.

Beim nächsten Schlag oder bei der nächsten Wende konzentrierst du dich noch stärker und ganz genau auf die Bewegungsausführung. Damit dir dieser Fehler sicher nicht noch einmal passiert. Und schon wieder geht es daneben.

Deine Frustration nimmt zu und dein Selbstvertrauen schwindet bei jedem weiteren Versuch. Selbst wenn du dich noch mehr auf die Aufgabe konzentrierst, wird es nicht besser. Deine Stimmung ist im Keller und der Wettkampf ein Desaster.

Kennst du diese Situation? Wie oft hast du dich nach einem Fehler im Wettkampf noch mehr konzentriert, gegrübelt und dir damit gleich selbst einen Knieschuss verpasst?

Wirklich Freude macht das nicht.

Dein Misserfolg war geplant

Du hast es selbst in den Mund genommen: „Ich habe es schon wieder versiebt“.

In der Vorbereitung hast du alles unternommen, damit du den Misserfolg und den Fehler im Wettkampf vermeiden kannst.

Du hast dich ganz fest konzentriert, du hast dich darauf fokussiert, diesen einen Fehler nicht mehr zu machen, und womöglich hat dir dein Trainer vor dem Wettkampf noch gesagt, dass du dich ganz fest darauf konzentrieren sollst oder aufpassen, dass dir dieser dumme Fehler nicht wieder passiert.

Und dennoch ging dein Plan nicht auf. Wirklich nicht?

Dein Plan war perfekt. Denn du hast deinen Misserfolg geplant!

Du glaubst mir nicht?

Dann schauen wir doch einmal genauer hin.

Über die eigenen Füsse gestolpert

Denke nicht an einen rosaroten Elefanten. 😉

Wie hat er ausgeschaut? Hatte dein Elefant grosse oder kleine Ohren? Das Elefantenbild hat sich im Bruchteil von einer Sekunde in deinem Kopf breitgemacht. Nicht?

Bei Veranstaltungen passiert es relativ häufig, dass die Redner oder Preisträger beim Gang zur Bühne stolpern. Sie denken: „Ich darf mich nicht blamieren und stolpern“. Das ist ein Fehler. Dafür müssen sie sich zuerst ein Bild vom Stolpern machen und dann sagen: das nicht. Meistens geht das schief. So wie bei deinem rosaroten Elefanten.

Genau das Gleiche machst du, wenn du einen Fehler vermeiden möchtest. Du malst dir in deinem Kopf ein Bild von der Situation, die du vermeiden möchtest.

Wenn du das tust, dann hast du verloren, bevor es richtig losgeht. Denn du hast den perfekten Plan für deinen Misserfolg bereits im Kopf.

Konzentriert zum Misserfolg

Im Wettkampf sind deine Gedanken auf das Vermeiden des Fehlers fokussiert. Damit zementierst du deinen Misserfolg. Sobald der Fehler passiert, hast du die positive Bestätigung.

Du ärgerst dich, fluchst vor dich hin und denkst noch mehr an das Vermeiden deines Fehlers. Du konzentrierst dich noch mehr und kommst immer mehr ins Denken, damit du den Misserfolg vermeiden kannst.

In dieser Stimmung verlierst du komplett den Überblick. Ich bezweifle, dass du in dieser Stimmung deine Möglichkeiten nutzen kannst. Dabei möchtest du am Tag X dein volles Leistungspotenzial abrufen. Nicht?

Am besten mit dem Unbewussten im Boot.

Wobei geht es genau in einem Wettkampf? Darum, Misserfolge zu vermeiden und dich nach jedem Fehler selbst in Frage zu stellen? Ich bezweifle das.

Dennoch lese ich in den Medien immer wieder von Sportlern und Mannschaften, die sich vorwiegend darauf konzentrieren.

  • „Wir dürfen den Gegner nicht mehr zum Toreschiessen einladen.“
  • „Wir dürfen keine Angst haben.“
  • „Ich darf nicht dieselben Fehler machen wie im letzten Wettkampf.“

Mit dieser Einstellung wird es schwierig, in die richtige Wettkampfstimmung zu kommen und einen Blumentopf zu gewinnen.

Hinterher heisst es dann:

„Ich blockierte mich selbst, weil ich nur noch an den Fehler dachte.“

Deine Stimmung – dein Schlüssel zum Erfolg

Deine Stimmung beeinflusst deine Leistung im Wettkampf mehr, als du denkst.

Bist du in einer negativen und ernsten Stimmung, geht es zu wie in einem Prüflabor. Du prüfst sehr genau und erkennst alle Fehler und Einzelheiten. Damit du dich weiterentwickeln und aus deinen Fehlern lernen kannst, ist es wichtig, Fehler zu erkennen und in dein „Selbst“ respektive deine Erfahrungsbibliothek zu integrieren.

In einer entspannten Stimmung kannst du unbewusst auf das ganze Netzwerk deiner Erfahrungen mitsamt den erlebten Gefühlen zugreifen. Dieses Netzwerk kannst du dir vorstellen wie eine grosse Bibliothek, in der all deine gesammelten Sport- und Lebenserfahrungen, Ängste, Wünsche und Bedürfnisse abgelegt sind. Hier befindet sich auch dein „Selbst“. Dieses funktioniert als „Ratgeber“, welcher für dich in jeder Situation sinnvolle, kreative Lösungen und Handlungsoptionen findet und im sozialen Umfeld für das gegenseitige Verständnis von Menschen eine wichtige Rolle spielt.

In einer nüchternen, sachlichen Stimmung kannst du grosse Vorhaben planen (Teilnahme an Olympischen Spielen) und bewusst gebildete Absichten, die nicht sofort umsetzbar sind, bis zur Umsetzung aufrechterhalten. Hier befindet sich also auch dein Durchhaltevermögen. Dein Verstand arbeitet hier wie in einem Planungsbüro: logisch, analytisch und Schritt für Schritt.

Wenn du Pläne und Absichten in die Tat umsetzen willst, dann musst du in einer freudigen und positiven Stimmung sein. In einer freudigen Stimmung führst du auch unbewusst automatisierte Verhaltensroutinen und Handlungsabläufe aus. Du nutzt also intuitiv und spontan die Werkzeuge deiner inneren Werkstatt.

Überlege doch einmal für dich:

  • Welche Stimmung bricht dir ganz sicher das Genick in einem Wettkampf?
  • In welcher Stimmung möchtest du in deinem Wettkampf lieber sein?
  • Und auf was richtest du deinen Fokus?

Abhaken und weiter geht’s

Fehleranalyse und Problemhypnose haben im laufenden Wettkampf nichts verloren. Sie schaden deiner Leistung und sind fehl am Platz.

Kommst du durch einen erlebten Misserfolg während dem Wettkampf ins Grübeln und damit in eine negative Stimmung, wirst du handlungsunfähig.

Deine Gedanken kreisen dann nur noch um diesen einen Fehler und du bleibst in deiner misslichen Lage hängen. Damit nimmst du dich selbst aus dem Rennen.

Ein gutes Ergebnis gehört dann ins Reich der Träume.

In einem Wettkampf ist es entscheidend, dass du mit dir fehlerverzeihend umgehst. Du hakst den Fehler einfach ab und fokussierst dich wieder auf die Aufgabe. Das kannst du mit positiven Selbstgesprächen unterstützen.

Wenn du das tust und in einer freudigen Stimmung bleibst oder in diese zurückkommst, funktionieren auch deine Handlungsroutinen. Dein Unbewusstes macht nämlich keinen Fehler. Es sei denn, du funkst mit deinem Verstand dazwischen. 😉

Es zählt nur das, was du jetzt in diesem Augenblick abrufen kannst. Nicht, wie es im Idealfall sein sollte und was du gerne können würdest.

Ein kleiner Exkurs dazu

2001 war ich mit den Schweden in einem Trainingslager in Canmore. Ihr Trainer Christian, ein begeisterter Golfer, hat uns an einem freien Nachmittag auf den Golfplatz geschleppt.

Natürlich hatte auch ich keine Ahnung von Golf. Gewissenhaft wie er war, zeigte er uns auf der Driving Ranch, wie man einen Golfschläger in die Finger nimmt und korrekt abschlägt. So weit, so gut. Nach einer halben Stunde auf der Driving Ranch legten wir auf einem 9-Loch-Platz los. In Kanada sieht man das nicht so eng mit der Platzreife.

Anfänglich versuchte ich mich genau an die Vorgaben zu halten, wie man es tun müsste. Mit mässigem Erfolg. Dann sagte ich mir: „Scheiss drauf“, und begann so zu schlagen, wie es für mich am besten passte. Jetzt machte es Spass, ich brauchte weniger Schläge und ich schaffte es bei einem Loch, Par zu spielen.

Ich habe mich auf das verlassen, was ich jetzt in dem Moment kann. Nicht mehr und nicht weniger.

Dass ich damit kein Golfspieler mit Format werde, ist offensichtlich.

Fehleranalyse und Training

Analysiert wird hinterher. Nach einem missglückten Wettkampf analysierst du im Nachhinein, was schiefgelaufen ist. Du ziehst daraus deine Lehren, integrierst das Gelernte in dein Selbst, also in deine Erfahrungsbibliothek.

In den folgenden Trainings darfst du pingelig sein bis zum Abwinken. Wenn die Bewegung nicht sitzt, dann wiederholst du sie. Immer wieder, bis sie sitzt und zu einem Automatismus wird. Diesen Prozess kannst du auch mit mentalem Training unterstützen.

Wettkämpfe sind das beste Training. Und nicht jeder Wettkampf hat die gleiche Bedeutung. In „Wurst und Brot“-Wettkämpfen kannst du durchaus ausprobieren und den Fokus auf der Bewegung lassen. Selbst wenn dadurch die Zeit mässig ausfällt. Schliesslich verfolgst du ein anderes Ziel als eine Top-Zeit.

Tag X

Ich fasse mir immer wieder an den Kopf, wenn Trainer ihren Schützlingen vor einer Meisterschaft sehr detaillierte Handlungsanweisungen geben.

Achte genau auf dieses und jenes. Denk daran, dass du …, und mach auf keinen Fall dies.

Mit solchen Anweisungen werden Athleten aus dem Wettkampf genommen, bevor der Startschuss gefallen ist.

Das gleiche Phänomen kann bei dir auftreten, wenn du etwas ganz besonders gut machen möchtest. Oft wird das mit dem Begriff „übermotiviert“ erklärt.

Was passiert?

Je mehr du denkst und je mehr du mit Willensanstrengung dein Ziel erreichen möchtest, desto grösser wird deine Handlungshemmung.

Das ist ein paradoxer Effekt.

Was möchtest du im Wettkampf? Natürlich möglichst viel Handlungsenergie. Also, hör auf zu denken und mach’s einfach.

Fazit

Fehler und Misserfolge kannst du im Wettkampf einfach vergessen. In dem Moment haben sie keine Relevanz für dich.

  • Gehe im Wettkampf fehlerverzeihend mit dir um.
  • Achte auf deine Stimmung.
  • Vertraue dir und deinem Unbewussten.
  • Denke nicht 😉
  • Verlasse dich auf das, was du jetzt in diesem Moment kannst. Es ist das Beste, was du hast!

Entscheidend ist, wer du bist, was du kannst und wie du deine Möglichkeiten nutzt!

Eine abschliessende Frage habe ich noch an dich.

Wie war das bei deinem sportlichen Highlight 2015?

In was für einer Stimmung hast du diesen Wettkampf absolviert? Ich freue mich auf deine Antwort.

Nutze deine Möglichkeiten!

Martin

PS: Ich bin übrigens der Meinung, dass mit dem Unbewussten im Boot alles ein wenig einfacher geht.

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